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Gelebte Freundschaft seit Jahrzehnten

Verfasst von am 16. November 2021

Eine Woche vor dem 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Städtepartnerschafts-Urkunde wurde die „Goldene Hochzeit“ zwischen Göppingen und Klosterneuburg im Rahmen einer Festsitzung in der Babenberger Stadt gewürdigt. Dabei wurde der frühere Oberbürgermeister der Hohenstaufenstadt, Guido Till, mit dem Ehrenring Klosterneuburgs ausgezeichnet.

Oberbürgermeister Alex Maier, Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager sowie die früheren Oberbürgermeister Guido Till und Vizebürgermeister Fritz Kaufmann blickten auf fünf Jahrzehnte Städtepartnerschaft zurück. (Foto: Stadtgemeinde Klosterneuburg)

Eine Gemeinderats- und Verwaltungsdelegation unter Leitung von Oberbürgermeister Alex Maier sowie die Sprecher des Göppinger Arbeitskreises Klosterneuburg, Wolfgang Mayer und Rudolf Bühler mit ihren Ehefrauen, nahmen an der Festsitzung teil. Zuvor wartete aber ein interessantes Programm im Zeichen des 50-jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft auf die Göppinger/-innen. So ging es am Anreisetag in das Universalmuseum Kierling, das mit einer Sonderausstellung vor allem die persönlichen Begegnungen der letzten fünf Jahrzehnte in den Mittelpunkt stellte. Ob eine Sammlung der Göppinger Stadtfestkrüge oder die 1976 zwischen dem Liederkranz Maitis und der Kierlinger Sängerrunde geschlossene (nach eigenen Angaben) erste Vereinspartnerschaft – die mit viel Liebe zusammengestellten Objekte ließen die persönlichen Freundschaften lebendig werden.

Am nächsten Morgen stand eine Besichtigung des IST A – Institute of Science and Technology Austria – auf dem Programm. 2009 eröffnet, hat sich IST A der multidisziplinären Grundlagenforschung auf Weltklasse-Niveau verschrieben. Heute sind 67 Professoren, aus über 13.000 Bewerbungen ausgesucht, und über 920 Mitarbeiter/-innen aus 77 Nationen auf dem Campus tätig. Auf zunächst vier Jahre mit der Möglichkeit einer Verlängerung um weitere drei Jahre – sowie in Einzelfällen mit einer anschließenden lebenslangen Anstellung – können die Wissenschaftler/-innen ihren Forschungsarbeiten nachgehen. IST A stellt dafür die Räumlichkeiten, Gerätschaften und erforderliche Studienobjekte zur Verfügung, vom Labor bis zur genau definierten Zellkultur. Darüber hinaus will IST A Neugier und Interesse an den Wissenschaften schon im Grundschulalter wecken; auch der Wissenstransfer ist ein weiteres wichtiges Thema. Erst vor wenigen Wochen wurde die Finanzierung langfristig gesichert: Bis 2036 kann IST A mit 3,3 Milliarden Euro planen. Dann sollen rund 150 Professor/-innen und 1.500 Mitarbeiter/-innen am Campus sein. In einem internationalen Ranking im Jahr 2019 belegte das österreichische Institut Platz 3!

Oberbürgermeister Alex Maier nahm derweil, gemeinsam mit Klosterneuburgs Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager, einen anderen Termin wahr: Der vor dem Verfall bewahrte jüdische Friedhof wurde von der Israelitischen Kultusgemeinde Wien an die Stadt Klosterneuburg übergeben. Drei Jahre lang wurde der Friedhof unter Aufsicht des Bundesdenkmalamts zuvor saniert. „Am Vortag des 9. November war es mir ein Herzensanliegen, an dieser Feier teilzunehmen“, so OB Maier, der aufgrund der Delegationsreise nicht am Pogromgedenken in Göppingen teilnehmen konnte. Als 1873 zwei Klosterneuburger Juden an Cholera starben, durften sie nicht auf dem jüdischen Friedhof Währing in Wien begraben werden. Ein eigener jüdischer Friedhof wurde daher gegründet, 1874 eröffnet und auch heute noch genutzt. Anders als andere Friedhöfe in Österreich wurde jener in Klosterneuburg während der NS-Diktatur nicht zerstört – die 650 Gräber blieben unberührt, gerieten aber auch in Vergessenheit. In den vergangenen drei Jahren wurden Fundamente wiederhergestellt, Grabsteine restauriert sowie die Friedhofsmauer erneuert. Der Friedhof soll nun auch ein Ort der Vermittlung jüdischer Geschichte werden. Die Sanierung kostete 640.000 Euro: Ein Viertel kam vom Land Niederösterreich, drei Viertel vom Fonds zur Instandhaltung jüdischer Friedhöfe in Österreich.

Nachmittags ging es dann ins Stadtmuseum, zur Jubiläumsausstellung „50 Jahre Städtepartnerschaft Göppingen – Klosterneuburg“. Die Leiterin, Mag. Veronika Gonaus-Pfaffel, gab einen Überblick über Vorgeschichte und Entwicklung der offiziellen Verbindung. Dabei klärte sich auch das unterschiedliche Datum in der Göppinger (15. November 1971) und Klosterneuburger (16. November 1971) Lesart. Zwar wurde gemutmaßt, dass die Reden auf der damaligen Festsitzung so lange gedauert hätten, dass die Urkunde erst nach Mitternacht unterschrieben werden konnte. Doch Einladung und Tagesordnung der Festsitzung, das zeigte die Ausstellung, datierten auf den 16. November, auch wenn die Urkunde den 15. November angibt. Der silberne Schickhardt-Becher, den die Stadt Klosterneuburg bereits 1972 verliehen bekam, wurde für die Jubiläumsausstellung extra auf Hochglanz poliert – mit Ketchup!

Höhepunkt war allerdings die von Herwig Gradischnig (Jazz-Saxophon) und Erwin Schmidt (Jazz-Klavier) vorzüglich musikalisch umrahmte Festsitzung. Dem Göppinger Stadtoberhaupt überreichte Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager eine Zeichnung von Friedrich „Itze“ Grünzweig, 1956 in Klosterneuburg geborener Maler, Musiker und Schauspieler sowie Kulturpreisträger der Stadt Klosterneuburg. Anschließend bat Schmuckenschlager den Klosterneuburger Vizebürgermeister a. D. Fritz Kaufmann, Oberbürgermeister Alex Maier und OB a. D. Guido Till auf die Bühne – nicht zur „Gesprächstherapie“, die die Städte-Ehe nicht nötig habe, aber zu einer gemütlichen Gesprächsrunde. Fritz Kaufmann nahm 1971 als 25 Jahre junger Gemeinderat – damals lag das erforderliche Mindestalter für ein Mandat bei 24 Jahren – an der Festsitzung zur Unterzeichnung der Urkunde teil und steuerte manche Anekdote aus den 50 Jahren bei. Göppingens OB Maier verdankt übrigens einen bis nach Stuttgart bekannten Spitznamen der Städtepartnerschaft: Als er als junger Gemeinderat das erste Mal in Klosterneuburg war, wurde er vom Hotelier Friedrich Veit gefragt, welcher Fraktion er angehöre. Die Antwort „grün“ quittierte Veit mit „ah geh, a Pflanzerl“. Als Maier einige Jahre später als Landtagsabgeordneter nach Klosterneuburg kam, stellte Veit fest: „Da ist aus dem Pflanzerl noch ein starker Baum geworden.“

Für seine Verdienste um die Städtepartnerschaft erhielt Göppingens früherer Oberbürgermeister Guido Till von BM Schmuckenschlager den Ehrenring Klosterneuburgs überreicht. Göppingen habe stets zu Klosterneuburg gehalten, auch in Zeiten bundespolitischer Turbulenzen, blickte Till auf seine Amtszeit zurück. Klosterneuburg habe, so Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager in seinen Schlussworten „5 G im Mobilfunk; 3 G und 2 G als Corona-Regeln und vor allem 1 G – Göppingen!“

Hintergrund

Während Göppingen bereits im Mai 1955 die Patenschaft über die Heimatvertriebenen des Schönhengstgaus übernommen hatte, benannte Klosterneuburg den seitherigen Widmannsplatz am 6. Oktober 1961 in „Sudetendeutscher Platz“ um. Beim Heimattreffen 1962 in Klosterneuburg übernahmen Bürgermeister Georg Tauchner und Göppingens Oberbürgermeister Dr. Herbert König den „Ehrenschutz“, die Schirmherrschaft, und lernten sich dabei näher kennen. Im September 1964 übernahm dann Klosterneuburg die Patenschaft über die Heimatvertriebenen der Sudetendeutschen Landsmannschaft, was zu weiteren Begegnungen bei verschiedenen Heimattreffen führte. 1971 erwuchs daraus die Städtepartnerschaft.

Zum anderen war Agnes von Waiblingen, Tochter des deutschen Kaisers Heinrich IV., in erster Ehe mit Herzog Friedrich I. von Schwaben verheiratet, der seinerzeit auf dem Hohenstaufen eine Burg errichten ließ, und in zweiter Ehe mit dem Babenberger Leopold III., der Klosterneuburg gründete. Aus der ersten Ehe können mindestens drei Kinder nachgewiesen werden; aus der zweiten Ehe sind immerhin zehn Kinder namentlich bekannt. So wurde diese Agnes zur Stammmutter des staufischen Kaisergeschlechts ebenso wie der österreichischen Herzöge aus dem Hause Babenberg.

Übrigens verlor Agnes der Sage zufolge sowohl ihren Ehering im Schwäbischen wie auch später ihren Brautschleier in Österreich. Beide Stücke wurden jeweils Jahre später unversehrt wiedergefunden und führten am jeweiligen Fundort zum Bau bedeutender Kirchen – der Johanniskirche in Schwäbisch Gmünd und dem Stift Klosterneuburg.

 

(Quelle: Stadt Göppingen)